Physik am Fahrrad
Das Thema "Fahrrad" ist allen Schülerinnen aus dem Alltag bekannt und eignet sich daher besonders gut, um eine Vielzahl physikalischer Phänomene zu veranschaulichen. Verschiedene Aspekte des Fahrradfahrens und der Technik des Fahrrads kommen daher an vielen Stellen im NwT- und Physikunterricht zur Sprache. Insbesondere in Klasse 10, in der das Themengebiet "Mechanik" besonders vertieft wird, hilft der Blick auf die Situation "Fahrradfahren" beim Verständnis von Reibung, Luftwiderstand, Energieerhaltung bei Berg- und Talfahrt sowie den Newton'schen Gesetzen.
Im Rahmen dieser Unterrichtseinheit erstellte Meret G. im Schuljahr 2015 / 2016 eine GFS zur Physik der Kettenschaltung, die wir im Folgenden auszugsweise wiedergeben möchten.
Die Kettenschaltung eines Fahrrads
Die Kettenschaltung wurde entwickelt, um beim Fahrradfahren Kraftaufwand und Geschwindigkeit an das Gelände anzupassen. Ein Fahrradfahrer kann nur mit einer bestimmten maximalen Kraft und Geschwindigkeit in die Pedale treten. Mit Hilfe der Schaltung werden Kraft- und Tretgeschwindigkeit ineinander umgewandelt. Die Kettenschaltung stellt daher, ähnlich wie der Hebel, einen Kraftwandler dar.
Die Schaltung bietet verschiedene Kraftübersetzungen (= Gänge), die durch verschieden große Zahnräder an der Tretkurbel (Kettenblätter) und am Hinterrad (Ritzel Ri) gegeben sind. Die Kraft wird von dem Kettenblatt (KB) auf das Ritzel mit einer Kette übertragen (FRitzel = FKB). Da die Radien der Zahnräder unterschiedlich groß sind, sind je nach Gang die Umdrehungsgeschwindigkeit und das resultierende Drehmoment am Ritzel verschieden. Das Ritzel ist bei einer Vorwärtsdrehung fest mit dem Hinterrad verbunden. Daher überträgt das Ritzel sein Drehmoment auf den Reifen (Hebelgesetz: Drehmoment M = FRitzel•rRi = FRad•rRad). Durch die Haftreibung wird die Kraft auf die Straße übertragen und das Fahrrad dadurch beschleunigt.
Bei einer hohen Übersetzung (i = rKB / rRitzel), d.h. einem kleinen Ritzel im Vergleich zum Kettenblatt, genügen wenige Umdrehungen der Pedale, um viele (i-mal soviele) Umdrehungen des Hinterrades zu bewirken. Die damit höhere erreichbare Geschwindigkeit des Fahrrads (vRad ∼ vPedal • i) wird jedoch mit einem größeren Kraftaufwand am Pedal bezahlt (FRad ∼ FPedal / i). Sie ist daher ideal für flache oder abfallende Strecken.
Bei einer kleinen Übersetzung sind die Anzahl der Umdrehungen der Pedale und des Hinterrades ähnlich. Es können nur niedrige Geschwindigkeiten erreicht werden, aber dafür wird weniger Kraft beim Treten benötigt. Da deshalb pro Umdrehung mehr Kraft zur Verfügung steht, ist diese Übersetzung besonders gut für Steigungen geeignet.
Die Funktion der Schaltung kann mit der goldenen Regel der Mechanik zusammengefasst werden. Bei Vernachlässigung von Reibungsverlusten bleibt die der Schaltung zugeführte Leistung erhalten: Das Produkt aus Tretkraft und -geschwindigkeit ist gleich dem Produkt aus Kraft des Hinterrades und seiner Geschwindigkeit FRad • vRad = FPedal • vPedal.