„Römische Kultur selbst erleben – von der Schul- zur Ruderbank“

Unter diesem Motto fand am 17.07.2013 eine „Abschlussgaudi“ zum Ende unseres fünfjährigen Lateinunterrichts statt. Gemeinsam mit Herrn Ring, der uns fünf Jahre lang durch die Untiefen der lateinischen Sprache geführt hatte, machten wir, die Klasse 10a, uns auf den Weg in die Pfalz, wo uns ein originalgetreuer Nachbau eines spätrömischen Kriegsschiffes erwartete. Mit dieser Rekonstruktion, die auf den Namen „Lusoria Rhenana“ getauft ist und von dem Verein zur Förderung von Umweltbildung und römischer Geschichte unterhalten wird, sollten wir in Begleitung von zwei erfahrenen „römischen“ Schiffsführern auf dem Setzfeldsee bei Neupotz, nahe des Rheins, rudern.

Zuerst galt es jedoch, das rund fünf Tonnen schwere Holzschiff seefest zu machen. Unter Anleitung der beiden Schiffsführer, Dieter Heim und Dr. Sebastian Emling, befreiten wir das Schiff von dessen Abdeckplane und bestückten es mit Riemen, von Laien auch Ruder genannt. Außerdem wurden zwei Schlagfrauen bestimmt, welche die Aufgabe hatten, auf dem Wasser die Schlagfrequenz der Riemen vorzugeben, das heißt die Schlagfrauen bestimmen den Zeitpunkt, zu dem die Riemen ins Wasser eingesetzt bzw. herausgehoben werden, und damit dafür zu sorgen, dass sich das Schiff gleichmäßig fortbewegt. Nachdem wir alle an Bord gegangen waren und unsere Plätze eingenommen hatten, wurden wir von Herrn Heim in das Ruderhandwerk eingewiesen. Anschließend konnten wir endlich wir in See stechen.

Da das Rudern mit einem 18 Meter langen und 2,80 Meter breiten Schiff relativ anstrengend ist und die Arme mit der Zeit müde werden, machten wir des Öfteren kleine Pausen, in denen uns die Schiffsführer Interessantes über die Flora und Fauna der Rheinauen nahe brachten. Zudem erfuhren wir auch Wissenswertes über das Schiff selbst, sowie über die römische Geschichte am Oberrhein: Bei dem Schiff „Lusoria Rhenana“ handelt es sich um den maßstabsgetreuen Nachbau eines spätrömischen Flusskriegsschiffes vom Typ „Navis lusoria“. Dieser Schiffstyp ist seit einem Schiffswrackfund bei Mainz 2008 archäologisch bekannt und wurde vor ca. 1700 Jahren hauptsächlich eingesetzt, um auf Flüssen Patrouille zu fahren und das Eindringen von feindlichen Germanenstämmen ins römische Reich zu verhindern. Er galt trotz seiner etwa fünf Tonnen Gewicht als eher kleines und überaus mobiles Schiff. In dem Schiff hatten 24 Soldaten Platz, je 12 Mann auf Steuer- und Backbord.

Der Rumpf des Nachbaus besteht aus Eichenholz und wird von über 4000 handgeschmiedeten Eisennägeln zusammengehalten. Gebaut wurde das Schiff von vielen ehrenamtlichen Helfern und erwerbslosen Jugendlichen, die mit dieser Initiative beruflich und sozial integriert werden sollten. Durch die Kenntnisse, die sie während des Baus erhielten, sollte der Einstieg in die Berufswelt erleichtert werden. Der ganze Bau dauerte 10 Monate. Neben dem Riemenantrieb kann auch noch ein 20 qm großes Segel gesetzt werden, wir jedoch bewegten uns nur dank unserer eigenen Muskelkraft vorwärts (Riemenantrieb). Die Höchstgeschwindigkeit, die bei wissenschaftlichen Testfahrten mit einer eingespielten Rudermannschaft erzielt wurde, beträgt etwa 6 Knoten (=11,112km/h); mit gespanntem Segel wurde sogar eine Geschwindigkeit von 7 Knoten (=12,964km/h) erreicht.

Auch erfuhren wir, welche Ausrüstung die Soldaten auf den Patrouillenschiffen trugen. Die Experten zeigten uns den Nachdruck einer alten römischen Landkarte, die den Flussverlauf des Rheins zur damaligen Zeit darstellen sollte. Alltagsgegenstände, darunter ein Bruchstück einer alten Amphore, wurden herumgereicht.

Im Verlauf der Ausfahrt wurden wir für ein Quiz in drei Gruppen eingeteilt. Hierbei sollte jede Gruppe versuchen möglichst viele Fragen richtig zu beantworten. Diese Fragen thematisierten den römischen Alltag, aber auch die Umgebung und deren Pflanzen- und Tierwelt.

Zum Beispiel: Welche einheimische Pflanze wurde schon von den Römern am Oberrhein als Schmerzmittel verwendet? (die richtige Lösung findet sich am Ende des Textes)
a.    Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbica  cyparissias)                                        
b.    Wald-Segge (Carex sylvatica)
c.    Silberweide (Salix alba)
d.    Gefleckter Aronstab (Arum macularum)
 
Neben diesen theoretischen Elementen wurden uns auch praktische Aufgaben gestellt, bei denen wir unsere Zusammenarbeit innerhalb der Gruppe unter Beweis stellen mussten; einmal wurde eine kleine  Holzfigur in den See geworfen, diese Figur sollte eine über Bord gegangene Person darstellen, zu der wir hin manövrieren und die wir anschließend bergen sollten. Da die kleine Holzfigur sehr leicht war, trieb die Strömung sie mit sich, was die Aufgabe ungemein erschwerte, denn mit einem schweren Holzschiff lässt es sich nicht so schnell drehen oder die Richtung wechseln. Bei der Lösung dieser Aufgabe ist es entscheidend, dass die Crew die Kommandos der Schlagfrauen befolgt. Herr Heim lobte unsere Zusammenarbeit und merkte an, manche Gruppen mit Führungskräften seien unfähig, sich nach den Kommandos der Schlagmänner  zu richten und dazu am Ende noch heillos zerstritten. Ganz im Gegensatz zu uns, wir hatten eine Menge Spaß, unter anderem deshalb, weil die Kommandos der Schlagfrauen nicht immer wirklich zielführend waren.

Mitten auf dem See ergriffen wir die Gelegenheit, Herrn Ring zu überraschen, und überreichten ihm zum „Abschied“ und als Dank für die zurückliegenden Jahre Lateinunterricht ein kleines Präsent.

Anschließend ruderten wir zu den Klängen von „An Tagen wie diesen“ von den Toten Hosen zurück zur Anlegestelle, vertäuten das Schiff, deckten es wieder mit der Plane ab und begaben uns mehr oder minder erschöpft auf den Heimweg.

Wir danken Herrn Ring für diesen außergewöhnlichen Ausflug, mit dem er uns einen wirklich gelungenen Abschluss unserer gemeinsamen Zeit bereitet hat.

Caroline K., 10a

 

 

 

c) salix alba

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